Album-Reviews | Iron Maiden - "The Final Frontier" (EMI) | 
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| Die wohl größte Heavy-Metal Band aller Zeiten legt ihr mittlerweile 15. Studioalbum vor, und trotz des, wie viele Fans meinen, verräterischen Titels, beteuert Mastermind Steve Harris schon fast gebetsmühlenartig, dass es sich nicht um das letzte Album der alternden Briten handeln wird. In die gleich Kerbe stößt Sänger-Gott Bruce Dickinson, wird aber nachdenklich beim Thema zukünftiger Live-Tourneen, man werde halt nicht jünger. Nötig haben es die Londoner schon lange nicht mehr, denn welche Band der Welt sonst kann es sich leisten die letzte Welttournee mit der eigenen Boeing durchzuführen, geflogen vom Frontmann höchstselbst. Vielleicht aber ist das auch eine Erklärung für die vielfältig hörbaren Liebeserklärungen an den mittlerweile doch eher unpopulär gewordenen Progrock a la Jethro Tull oder den frühen Genesis, die auf dem neuen Album zu hören sind. Aber der Reihe nach.
Der Silberling wird in einer eher lieblosen Aluminiumverpackung geliefert, das Cover ziert das allseits bekannte Bandmaskottchen Eddie, wie es sich gerade in einem des Daches verlustig gegangenen Raumschiff über andere, in Astronautenmontur gekleidete, Monster her macht. So weit dazu.
Der Opener „Satellit 15…The Final Frontier“ beginnt dann mit einem etwa 2 ½ minütigem Intro im Elektrostil und einem getriggertem Schlagzeug, bei dem man sich fragt, was das eigentlich soll. Wenn dann danach die wohlbekannte Stimme Dickinsons erklingt, hat man das Gefühl der Song ginge jetzt gerade erst richtig los. Über Mittelmaß kommt das Machwerk danach nicht hinaus. Die epische Länge des Stücks gibt allerdings die Marschrichtung für das nun Folgende vor, handelt es sich doch um das längste Maiden-Album aller Zeiten, bei dem nur ein Song unter der Spielzeit von 5 Minuten bleibt.
Als zweiter Song folgt die vorab schon veröffentlichte Single „El Dorado“, die leider die Tradition der eher schwachen Maiden-Singles fortsetzt. Die Strophenteile klingen mühsam zusammengeklaubt, der Chorus erklingt in bekannter Jungfrauenmanier, kommt aber über das Prädikat Durchschnitt leider nicht hinaus.
„Mother of Mercy“ beginnt dann mit einem eher ruhigen, melodischen Intro, wie sie auch auf dem „Dance of Death“ schon häufig zu hören waren, die Bridge ist dann noch akzeptabel, der gegen Ende aber ständig wiederholte Refrain ist spätestens nach dem dritten Mal einfach nur noch nervig, auch weil Dickinsons hohe Stimme einen erstaunlicherweise nicht mehr zu umschmeicheln vermag, sondern wirklich zum Weiterskippen drängt.
Ein erstes „geht doch“ ringt einem dann endlich „Coming Home“. Der balladeske Anfang wird im gesamten Stück nur rudimentär gesteigert, die Hook-Line ist eingängig und könnte auf zukünftigen Konzerten für die Maiden-bekannte Entenpelle sorgen, und – hey – zum ersten Mal seit der Reunion mit dem „Brave New World“-Album hat man das Gefühl die nun drei Gitarren auch wirklich mal einzeln heraus zu hören, das Stück wird dazu noch inklusive eines sehr guten Solos geliefert.
Das nun folgende „The Alchemist“ setzt die Reihe der „The“-Titel in der Maiden-Historie fort, und bildet das krasse Gegenteil zum vorherigen Stück. Die flotte Tempo-Nummer ist das kürzeste Stück der Platte und erinnert an die guten alten 80er-Songs. Die Nackenmuskulatur wird ordentlich in Bewegung gebracht, ein typischer Maidensong. Da sind sie wieder die singenden Gitarren. Schade nur, dass auch hier die eher unausgegorene Gesamtproduktion wie eine leichte Bremse zu wirken erscheint, Produzent Kevin „Caveman“ Shirley und seinem Co Steve Harris gelingt es zum wiederholten Male nicht an die Heldentaten von Producer-Legende Martin Birch anzuknüpfen.
Das war´s dann aber auch mit Punkrock, ab jetzt gibt´s nichts mehr unter knapp 8 Minuten. „Isle of Avalon“ bildet dabei mit knapp über 9 Minuten das zweitlängste Epos des Gesamtwerkes. Der sich langsam steigernde Aufbau ist maidentypisch, die teilweise orientalischen Töne klingen mitunter erneut etwas nach „Dance of Death“, einen wirklich wiederkehrenden Part mit Deja-vu-Effekt sucht man indes vergebens. Vielmehr hat man den Eindruck, Maiden versuchen alle für sie typischen Songwriting-Merkmale eher etwas unbeholfen in einem Song unterzubringen, was doch leider nur allzu aneinandergereiht klingt und zwischendrin seine Längen hat. Vielleicht muss man das Ding erstmal 20mal gehört haben, um es wirklich zu lieben.
Der sehr ruhige Anfang von „Starblind“ wird alsbald zu einer leicht gewöhnungsbedürftigen Rocknummer ausgebaut, ein solch progressives Schlagzeugspiel wie es Mr. McBrain hier in die nicht vorhandenen Rillen hämmert, habe ich von Maiden jedenfalls noch nicht gehört. Der einigermaßen eingängige Chorus federt die Sache dann etwas ab, die darunter gelegten Keyboardharmonien tun ihr Übriges. Dickinson scheint gesanglich in diesem Stück zum ersten Mal auf diesem Album so richtig aus den Startlöchern zu kommen. Trotz des eher ungewöhnlichen Aufbaus im Gesamten annehmbar.
Epic stays Epic gilt auch für „The Talisman“, dass mit gezupfter Akustikgitarre und Dickinsons Gesang zu Anfang an minnesingende Folklore erinnert, ehe es nach knapp 2 ½ Minuten in einen krachenden Rocksong kulminiert. Dickinson weiß erneut zu überzeugen, die Hook-Line ist eingängig und wird von maidentypischen Gitarrenthemen verfolgt. Harris´ Bass treibt das Stück in altbewährter Manier nach vorn, immer weiter, immer weiter, bis der wieder recht progressiv geartete Zwischenteil die eben aufgenommene Energie jäh zu stoppen scheint, und man die Stirn wieder leicht in krause (Haha Wortwitz!) Falten legt. Der folgende Schlusschorus entschädigt.
Mit „The Man Who Would Be King“ wartet der obligatorische Dave Murray-Song des Albums. Die nicht überzeugende Gesamtproduktion kommt hier am deutlichsten zum Tragen. Eher ein Song für die Gitarrenfraktion, es sind einige nette Soloeinlagen eingemischt, leider hat der Song seine Längen, klingt stellenweise einfallslos und kommt fast 8 ½ Minuten nie so richtig aus dem Arsch! Zu lang.
Der Gigaliner unter den Albumsongs wartet mit fast 11 Minuten zum Schluss auf uns. „When The Wild Wind Blows“ ist unbestritten der beste Song des Albums, und scheint für den ein oder anderen vorherigen Ausfall zu entschädigen. Zum herbstlichen Sturm schleicht sich zunächst ein melodisches Gitarrenthema zur Tür hinein, das sogleich von Dickinson gesanglich unterstützt wird. Müßig zu erwähnen, dass das Stück endet wie es beginnt, Maiden halt. Dazwischen steigert sich das zentrale Werk dieses Albums zu einem Epos mit Ohrwurmcharakter, das mitunter etwas ins poppige abzudriften droht, sich aber schnell wieder fängt, um sogleich mit wirklich guten Gitarrensoli zu überzeugen.
Nachdem Iron Maiden dem etwas schwächeren „Dance of Death“, in das man sich aber reinhören kann, wie ich mittlerweile heraus gefunden habe, mit „A Matter Of Life And Death“ einen überzeugenden Nachfolger zur Seite gestellt haben, begeben sie sich mit „The Final Frontier“ wieder mehrere Schritte zurück, ich würde mich sogar dazu hinreißen lassen, es eines der schwächsten Maiden-Alben aller Zeiten zu nennen. Wenn dies wirklich nicht das letzte Studioalbum der 6 Metalheroen sein soll, dann ist zum nächsten Mal eine grundlegende Steigerung erforderlich, um es nicht irgendwann peinlich werden zu lassen. Das wäre nur allzu schade. |
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